Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 240 EGBGB)

vgl. BGBL 2020, Teil 1 Nr. 14 (Link)

Die Änderung umfasst, zeitlich befristet auf Ansprüche aus den Monaten April bis Juni 20, Regelungen zum Zurückbehaltungsrecht, sowie Stundung für Verbraucher und Kleinstunternehmer.

Diese Anpassung vertraglicher Regeln finden Ihre Grenzen im Interesse des jeweiligen Gläubigers. Führt eine solche Anpassung, etwa Zurückbehaltung von Zahlungen auf Dauerschuldverhältnisse, zur Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts beim Gläubiger, kommt ein Zurückbehaltungsrecht nicht in Betracht.

Es wird unterschieden zwischen Dauerschuldverhältnissen allgemeiner Natur (etwa Strom, Gas, Telekommunikation) und Miete, Pacht, Arbeit. Hinsichtlich der letztgenanten besonderen Dauerschuldverhältnisse (Pach, Miete, Arbeit) bleibt die Zahlungspflicht grundsätzlich bestehen, allein die Kündigung des Vermieters wegen „covidbedingten Rückständen“ ist eingeschränkt (bis 30.06.2022).

Auch das Zurückbehaltungsrecht befreit nicht von der Zahlung, offene Forderungen sind nachzuzahlen.

Ebenso wurden Einschränkungen zur Insolvenzantragspflicht beschlossen.

Alles jedoch nur, soweit wirtschaftliche Folgen im unmittelbaren Zusammenhang mit Covid-19 stehen. Die Regelungen sind daher kein Freischein.

Text wie folgt:

Artikel 5 (entspricht BGBl 2020 Teil 1 Nr. 14 vom 27.03.2020)

Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuches
Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2911) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

„Artikel 240
Vertragsrechtliche Regelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie

§ 1
Moratorium

(1) Ein Verbraucher hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag steht, der ein Dauerschuldverhältnis ist und vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn dem Verbraucher infolge von Umständen, die auf die Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) zurückzuführen sind, die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich wäre. Das Leistungsverweigerungsrecht besteht in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind solche, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind.
(2) Ein Kleinstunternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36) hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Vertrag steht, der ein Dauer-schuldverhältnis ist und vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind,
1. das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder
2. dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

Das Leistungsverweigerungsrecht besteht in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind solche, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines Erwerbsbetriebs erforderlich sind.

(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger seinerseits unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung die wirtschaftliche Grundlage seines Gewerbebetriebs gefährden würde. Absatz 2 gilt nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung zu einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen oder der wirtschaftlichen Grundlagen seines Gewerbebetriebs führen würde. Wenn das Leistungsverweigerungsrecht nach Satz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, steht dem Schuldner das Recht zur Kündigung zu.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten ferner nicht
1. im Zusammenhang mit Miet-, Pacht- und Darlehensverträgen sowie
2. im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen.

(5) Von den Absätzen 1 und 2 kann nicht zum Nachteil des Schuldners abgewichen werden.

§ 2
Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen

(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.
(2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.
(3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.

§ 3
Regelungen zum Darlehensrecht

(1) Für Verbraucherdarlehensverträge, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden, gilt, dass Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungs-leistungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden, wenn der Verbraucher aufgrund der durch Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist ihm die Erbringung der Leis-tung insbesondere dann, wenn sein angemessener Lebensunterhalt oder der angemessene Lebensunterhalt seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist. Der Verbraucher ist berechtigt, in dem in Satz 1 genannten Zeitraum seine vertraglichen Zahlungen zu den ursprünglich vereinbarten Leistungsterminen weiter zu erbringen. Soweit er die Zahlungen vertragsgemäß weiter leistet, gilt die in Satz 1 geregelte Stundung als nicht erfolgt.
(2) Die Vertragsparteien können von Absatz 1 abweichende Vereinbarungen, insbesondere über mögliche Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen treffen.
(3) Kündigungen des Darlehensgebers wegen Zahlungsverzugs, wegen wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verbrauchers oder der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit sind im Fall des Absatzes 1 bis zum Ablauf der Stundung ausgeschlossen. Hiervon darf nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden.
(4) Der Darlehensgeber soll dem Verbraucher ein Gespräch über die Möglichkeit einer einverständlichen Regelung und über mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten. Für dieses können auch Fernkommunikationsmittel genutzt werden.
(5) Kommt eine einverständliche Regelung für den Zeitraum nach dem 30. Juni 2020 nicht zustande, verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate. Die jeweilige Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird um diese Frist hinausgeschoben. Der Darlehensgeber stellt dem Verbraucher eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung, in der die vereinbarten Vertragsänderungen oder die sich aus Satz 1 sowie aus Absatz 1 Satz 1 ergebenden Vertragsänderungen berücksichtigt sind.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht, wenn dem Darlehensgeber die Stundung oder der Ausschluss der Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein-schließlich der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Veränderungen der allgemeinen Lebensumstände unzumutbar ist.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten entsprechend für den Ausgleich und den Rückgriff unter Gesamtschuldnern nach § 426 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(8) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates den personellen Anwendungsbereich der Absätze 1 bis 6 zu ändern und insbesondere Kleinstunternehmen im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen in den Anwendungsbereich einzubeziehen. Eine Rechtsverordnung nach Satz 1 ist dem Bundestag zuzuleiten. Die Rechtsverordnung kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt wer-den. Der Beschluss des Bundestages wird der Bundesregierung zugeleitet. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von zwei Sitzungswochen seit Eingang der Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so kann die Rechtsverordnung unverändert erlassen werden.

§ 4
Verordnungsermächtigung

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
1. die Dauer des Leistungsverweigerungsrechts nach § 1 bis längstens zum 30 September 2020 zu verlängern,
2. die in § 2 Absatz 1 und 3 enthaltene Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis längstens zum 30. September 2020 entstanden sind,
3. den in § 3 Absatz 1 genannten Zeitraum bis zum 30. September 2020 und die in § 3 Absatz 5 geregelte Verlängerung der Vertragslaufzeit auf bis zu zwölf Monate zu erstrecken,
wenn zu erwarten ist, dass das soziale Leben, die wirtschaftliche Tätigkeit einer Vielzahl von Unternehmen oder die Erwerbstätigkeit einer Vielzahl von Menschen durch die COVID-19-Pandemie weiterhin in erheblichem Maße beeinträchtigt bleibt.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages und ohne Zustimmung des Bundesrates die in Absatz 1 genannten Fristen über den 30. September 2020 hinaus zu verlängern, wenn die Beeinträchtigungen auch nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach Absatz 1 fortbestehen.“

RA Offermanns
30.03.2020

„Corona-Erlass“ vom TMASGFF vom 19.03.2020

Erlasse vom 13.03.2020 und 16.03.2020 werden aufgehoben, maßgeblich nunmehr Erlass vom 19.03.2020, Inkrafttreten 19.03.2020, 24.00 Uhr.

20200319_Erlass_Massnahmen_Ausbreitung_Virus_SARS-CoV-2

Einige Punkte, insbesondere Verschärfungen zu früheren Erlassen möchte ich wie folgt hervorheben:

Neben der Untersagung für
– Versammlungen, auch Gottesdiensten etc.,
– Beschränkungen der Teilnehmer bei Trauerfeiern und Hochzeiten,
– Gemeinschaftseinrichtungen des Sports, zu schulischen und ausbildungs- und sportfördernden Zwecken

sind folgende Einrichtungen zu schließen:

– Bars, Cafes, einschließlich Eiscafes, Kneipen, Clubs, Diskotheken, Theater, Kinos, Konzerthäuser und Museen; der Straßenverkauf von Eiscafes ist ausgenommen;
– Fitness-Studios, Schwimm-, Freizeit-und Erlebnisbäder, Thermen, Saunen und Solarien;
– Angebote von Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen Bil¬dungseinrichtungen einschließlich Bibliotheken;
– Zusammenkünfte in Vereinen, sonstigen Sport-und Freizeiteinrich¬tungen und -angeboten sowie Sportanlagen, Spiel und Bolzplätze, Zoologische Gärten und Tierparks;
– Spielhallen und Spielbanken;
– Tanzlustbarkeiten;
– Messen, Ausstellungen, Spezialmärkte, Wettannahmestellen und ähnliche Unternehmen im Sinne der Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBI. 1S. 202);
– Vergnügungsstätten im Sinne der Baunutzungsverordnung vom 21 . November 2017 (BGBI. 1S. 3786);
– Prostitutionsbetriebe;
– Einrichtungen, Angebote und Maßnahmen für Familien nach § 16 SGB VIII wie z. B. Familienzentren, Familienferienstätten, Familien-bildungsangebote freier Träger, Verbände und Gruppenangebote in Geburtshäusern;
– Mehrgenerationenhäuser;
– Offene Senioreneinrichtungen der Seniorenarbeit wie z. B. Senioren¬clubs, Seniorenbüros;
– Jugendbildungs-, Jugenderholungs-und Jugendfreizeitstätten einschließlich Jugendclubs sowie Jugendherbergen i.S.v. § 11 SGB VIII;
– Tagespflegeeinrichtungen nach SGB XI; ausgenommen sind Tagespflegeeinrichtungen, die konzeptionell eng mit einer stationären Einrichtung nach § 2 ThürWTG oder nicht selbständig organisierten ambulant betreuten Wohnformen nach § 3 Abs. 2 ThürWTG verbunden sind und somit ausschließlich deren Bewohner betreuen;
– Beratungsstellen;
– Frauenzentren

Der Einzelhandel ist zu schließen, ausgenommen hiervon folgende Bereiche, die weiterhin betrieben werden können:

– Lebensmittelhandel (einschließlich Bäckereien und Fleischereien), Getränke-, Wochen-, Supermärkte und Hoflä¬den;
– Banken und Sparkassen;
– Apotheken;
– Drogerien;
– Sanitätshäuser;
– Optiker;
– Hörgeräteakustiker;
– Filialen der Deutschen Post AG und Paketstellen von Logistik¬unternehmen;
– Abhol-und Lieferdienste;
– Wäschereien und Reinigungen;
– Tankstellen und Kfz-Teileverkaufsstellen;
– Zeitungs-und Tabakwarengeschäfte;
– Tierbedarf, Bau-und Gartenmärkte;
– Fernabsatzhandel;
– der Großhandel.

Zusätzlich ausgenommen, also betrieben werden dürfen:

– Handwerks- Dienstleistungs und Beherbegungsbetriebe (jedoch nur zu nicht touristischen Zwecken) und Betriebe für Kfz-Reparaturen.
– Einrichtungen des Gesundheitswesens (Physiotherapie, medizinische Fußpflege)

Untersagt sind:
– Frieseure und Barbiergeschäfte
– Tattoo-, Piercing-, Kosmetikstudios

In jeden Fall sind Ansammlungen von mehr als 10 Personen (auch in Warteschlangen) zu vermeiden, Mindestabstand 1,5m ist einzuhalten, notfalls durch Hausverbote durchzusetzen.

Die Regelung zu Gaststätten ist etwas unübersichtlich.

Gegenüber früheren Erlassen tritt eine deutliche Verschärfung ein. Ein Verzehr vor Ort ist grundsätzlich untersagt.

Es bleibt daher nur die Möglichkeit des Außerhausverkaufes unter Beachtung der allgemeinen Regelungen (Mindestabstand, keine Ansammlung von mehr als 10 Personen auch in Warteschlangen, Hygienevorgaben, Hinweise des Betreibers etc.).

Für Beherbegungsbetriebe (Hotels etc.) ist die Regelung noch komplexer.

Soweit die Beherbergung zu nicht touristischen Zwecken erfolgt, ist die Beherbergung weiterhin zulässig. In diesem Falle ist auch auch zulässig, den Übernachtungsgästen ein Nahrungsangebot zur Verfügung zu stellen. (Der Verweis auf Ziffer 2 Satz 2 im 2. Absatz zu Ziffer 2 des Erlasses dürfte ein redaktionelles Versehen sein.)

RA Michael Offermanns
19.03.2020

Unterhalt 2020 – Eine schöne Bescherung zum Jahresanfang?!

Zum 01.01.2020 gibt es wieder eine neue Düsseldorfer Tabelle. Die Bedarfssätze steigen infolge der Erhöhung von Sozialleistungen kräftig. Beim Mindestunterhalt in der mittleren Einkommensstufe für das 1. und 2. Kind erhöht sich der Zahlbetrag ab 01.01.2020 auf 322,- €/Monat. Das sind 18,- €/Monat mehr als im zweiten Halbjahr 2019. Die Unterhaltsgläubiger bzw. die betreuenden Elternteile wird dies freuen.

Auf der anderen Seite erfolgt aber auch eine Erhöhung der Selbstbehaltssätze für die Unterhaltsschuldner auf jetzt 1.160,- € für Erwerbstätigte bzw. 960,00 für nicht Erwerbstätige. Die letzte Erhöhung der Selbstbehaltssätze war zum 01.01.2015, mithin vor fünf Jahren erfolgt. Darüber, ob diese Anpassung mit 80,00 € ausreichend bemessen ist, kann man geteilter Meinung sein. Sollte es bei der aktuellen Kostenentwicklung in vielen Bereichen bleiben, wird der neue Selbstbehaltssatz nur kurze Zeit Bestand haben können.

Alle ab 01.01.2020 geltenden Zahlen können in der Originaltabelle unter folgendem Link nachvollzogen werden:

Düsseldorfer Tabelle 2020

Bei der Originaltabelle ist zu beachten, dass die Tabelle auf der ersten Seite die höheren Bedarfssätze wiedergibt. Die maßgeblichen, etwas geringeren Zahlbeträge finden sich am Ende in gesonderten Tabellen, welche vom Kindergeldbezug (in der Regel durch den betreuenden Elternteil) abhängen.

Mag die Politik sich überlegen, ob der dort aktuell herrschende Trend durch gesetzliche Regelungen (bewusst) Kostensteigerungen zu produzieren, der richtige Weg ist, denn nicht nur ich stelle mir dazu die Frage, wer das alles erwirtschaften soll?

Im Ergebnis wird die Kostensteigerungspolitik vor allem auf dem Rücken der Familien ausgetragen. Die dort vielfach auf beiden Seiten herrschenden wirtschaftlichen Sorgen und Nöte werden – jedenfalls nach meiner Wahrnehmung – nicht ausreichend ernst genommen.

Wenn es um das Thema fiktive Einkünfte für den Fall der Nichtdeckung des Mindestunterhalts geht, machen es sich viele Gerichte zu Lasten von Unterhaltsschuldnern immer noch zu einfach. Ich wage zu bezweifeln, dass sich dies mit der Erhöhung des Selbstbehaltssatzes ändert. Zu befürchten ist vielmehr eine Verschärfung, da die Zahl der sogenannten Mangelfälle weiter steigen wird.

Auch der Mindestlohn wird daran nichts ändern, denn dieser reicht mit aktuellem Stand bei einer Vollzeittätigkeit von 40 h/Woche netto kaum um eine Unterhaltspflicht zu erfüllen.

Ich traue mich kaum es abschließend zu erwähnen, aber zum 01.01.2021 wird es – das steht jetzt schon fest – eine weitere Erhöhung der Düsseldorfer Tabelle bei den Bedarfssätzen für Kinder geben. Um hier keine weitere Verwirrung dazu zu stiften, werde ich darüber gesondert und rechtzeitig im Laufe des Jahres 2020 berichten.

Erfurt, den 27.12.2019

RA Frank Prescher
Rechtsanwalt
Anwaltsmediator

Unterhalt 2019 – Zwei unterschiedliche Halbjahre

Auch für das Jahr 2019 gibt es wieder eine neue Düsseldorfer Tabelle. Diese ist gültig ab 01.01.2019.

Bei den Einkommensgruppen und Selbstbehaltssätzen gibt es zu der für 2018 gültigen Tabelle keine Veränderungen.

Bei den volljährigen Kindern und zwar egal ob bei einem Elternteil oder außerhalb wohnend, gibt es ebenfalls keine Veränderungen.

Die fehlende Anpassung in der 4. Altersstufe soll dabei dafür sorgen, dass der Abstand zwischen den noch bei einem Elternteil lebenden und außerhalb wohnenden volljährigen Kindern nicht zu gering wird. Diese Tendenz war durch regelmäßige Anpassungen des Mindestunterhalts, welche durch BaFöG-Anpassungen vom Gesetzgeber nicht im Ansatz kompensiert wurden, entstanden. Es handelt sich also um eine notwendige und rechtlich zutreffende Korrekturmaßnahme durch die Rechtsprechung.

Angepasst werden im Jahr 2019 also „nur“ die Tabellenbeträge für die minderjährigen Kinder.

Die leichte und in den letzten Jahren schon fast zur Gewohnheit gewordene Erhöhung folgt der sozial- und steuerrechtlich bedingten Anpassung des gesetzlichen Mindestunterhalts, welcher zugleich die Eingangsstufe der Düsseldorfer Tabelle (Einkommensgruppe bis 1.900,00 €) darstellt.

Eine Besonderheit ist im Jahr 2019 bei den Zahlbeträgen zu beachten:

Im ersten Halbjahr 2019 beträgt das Kindergeld unverändert 194,00 € für das erste und zweite Kind. Ab dem zweiten Halbjahr 2019 erhöht sich das Kindergeld um
10,00 € auf dann 204,00 € für das erste und zweite Kind.

Nach dem die Zahlbeträge im ersten Halbjahr zunächst um mindestens 6,00 € ansteigen, sinken diese bedingt durch die zum 01.07.2019 in Kraft tretende Kindergelderhöhung im zweiten Halbjahr für das erste und zweite Kind um jeweils 5,00 €, also um den hälftigen Betrag der Kindergelderhöhung.

Dies ist normale und logische Folge der gesetzlich unverändert geregelten hälftigen Kindergeldanrechnung.

Betreuende Elternteile können sich unter dem Strich im ersten Halbjahr also über 6,00 € mehr freuen. Im zweiten Halbjahr sind es dann unter Hinzurechnung der vollen Kindergelderhöhung sogar mindestens 11,00 €.

Die genauen Zahlbeträge können in der Düsseldorfer Tabelle nachgelesen werden. Das Original mit Stand 01.01.2019, wie sie vom namensgebenden OLG Düsseldorf veröffentlicht wurde, finden sie hier als ausdruckbare pdf-Datei zum Download:

Düsseldorfer Tabelle Stand 01.01.2019.

Die Zahlbeträge für das erste Halbjahr finden sie in der pdf-Datei auf Seite 5 und Seite 6 oben. Die Zahlbeträge für das zweite Halbjahr folgen dann auf Seite 6 unten und Seite 7.

Erfurt, den 28.12.2018


Frank Prescher
Rechtsanwalt
Anwaltsmediator

,

BGH erklärt „Freunde finden“ Funktion von Facebook für wettbewerbswidrig

Konkret ging es um Emails, welche auch an nicht über Facebook registrierte Nutzer versendet wurden. Geklagt hatte dagegen ein Verbraucherverband, welchem der Bundesgerichtshof in Karlsruhe als höchstes deutsches Zivilgericht nun Recht gegeben hat.

Wer Näheres wissen will kann es konkret nachlesen in der Pressemitteilung des BGH Nr. 7/2016 vom heutigen 14.02.2016. Diese ist unter folgendem Link zu finden:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2016&Sort=3&nr=73328&pos=0&anz=7

Das zugehörige Urteil ist noch nicht im Volltext veröffentlicht. Dies kann erfahrungsgemäß einige Wochen dauern.

Es ist zu erwarten, dass Facebook die Funktion nun sperrt bzw. in Deutschland nicht mehr anbietet bzw. diese so einschränkt, dass Emails nur noch an andere Facebook-Nutzer versandt werden können.

Die BGH-Entscheidung ist nach der EuGH-Entscheidung zu „Safe-Harbor“ nun eine weitere höchstrichterliche Entscheidung, welche den Datenschutz bei Facebook als unzureichend ansieht.

Erfurt, den 14.01.2016

Frank Prescher
Rechtsanwalt
Anwaltsmediator

 

Die Mietpreisbremse kommt 2016 in Erfurt und Jena!

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Geplant ist die Einführung ab Beginn des kommenden Jahres.

Grundsätzlich sind bei einer Neuvermietung dann die in Erfurt erzielten Mieten für vergleichbare Wohnungen zu berücksichtigen und der Mietpreis bei Neuvermietung mit einem Zuschlag von 10% über den üblich erzielten Mieten gedeckelt, § 556d BGB. Anhaltspunkte für die durchschnittliche Höhe ergeben sich aus dem aktuellen Mietspiegel der Stadt Erfurt. (hier abzurufen http://www.erfurt.de/mam/ef/service/mediathek/publikationen/2014/mietspiegel_2014.pdf)

Keine Grundsatz ohne Ausnahme!

Die 10 %-Deckelung könnte in ihrer Reinform zu erheblichen Mieteinbußen nach einer Kündigung führen. Hierfür sieht jedoch § 556e BGB eine Ausnahme vor, d.h. ein zuvor erzielter Mietpreis, welcher über diese neue Deckelung hinausgehen würde, darf dennoch wirksam vereinbart werden.

Ähnliche Ausnahmen greifen für bereits durchgeführte Modernisierungen, soweit diese innerhalb von 3 Jahren vor Beginn des neuen MIetverhältnisses erfolgt sind. Auch hierauf gestützte Erhöhungen, etwa nach § 559 BGB (11%-Regelung), dürfen bei der Neuvermietung berücksichtigt werden.

RA Offermanns
04.11.2015

Nordhäuser Straße Erfurt: „Ein Mediator soll es richten!“

TLZ 28.09.2015

(Quelle: TLZ vom 28.09.2015)

Eins vorab, leider bin ich nicht dieser Mediator, oder sollte ich sagen zum Glück?

Das Vorhaben Nordhäuser Straße, Erfurt stösst nicht nur bei den direkt betroffenen Anwohnern auf Gegenwehr, sondern auch in weiten Teilen auf Unverständnis. Aber die Lösung ist nun gefunden, ein Mediator soll es richten!

„So nicht!!! Hier ist die Grundstücksgrenze!“, jeder Erfurter dürfte bereits an diesem Schild vorbeigefahren sein. Die Aussage ist deutlich und unmißverständlich.

Wenn weiter § 2 des Mediationsgesetzes vorsieht, dass „die Parteien den Mediator“ auswählen und der Mediator die Mediation beenden kann, wenn er der „Auffassung ist, dass …. eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten ist“, scheint die in o.g. Artikel der TLZ genannte Vergütung von immerhin 85.000 € schnell verdientes Geld zu sein.

Wie kommt es überhaupt zu dieser Zahl? In der Regel wird der Mediator nach Aufwand, sprich Stunden vergütet. Die Spannbreite geht von 80 bis 500 € die Stunde. Rechtsschutzversicherungen gewähren, wenn überhaupt, entweder einen Festteil für jede Mediation, bis etwa 3.000 € pro Mediation oder 180,00 € pro Stunde, maximal jedoch für 8 Stunden. Nur die wenigsten Versicherungen knüpfen an den Streitwert an, oder begrenzen die Höchstsumme auf 300.000 € je Rechtsschutzfall.

Unterstellt man nur eine Vergütung von 250,00 € die Stunde, so ergeben sich 340 Stunden oder 34 Tage, legt man eine Befassung von 10 Stunden täglich mit dieser Angelegeheit zu Grunde.

Man könnte jedoch auch an das Auftragsvolumen von etwa 10 Mio Euro anknüpfen, so dass sich in der Summe von Geschäfts- und Einigungsgebühr etwa 88.000 € netto ergeben würden.

Wie dem auch sei, ob eine Lösung auf diesem Wege gefunden wird, bleibt spannend, zumal der der letzte Satz des o.g. Artikel geradezu ein Aufruf an „Verweigerer“ darstellt.

RA Offermanns
28.09.2015

,

Unterhalt 2015 – Update: Düsseldorfer Tabelle Stand 01.08.2015

 

Seit 22.07.2015 ist es amtlich: Das angekündigte und mehr als überfällige

Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags“

wurde nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2015 Teil 1, Nr. 30, Seite 1202 ff. verkündet. Damit werden sowohl das Kindergeld also auch die steuerlichen Freibeträge erstmals seit 2010 erhöht. Der Mindestunterhalt erhöht sich damit ebenfalls erstmals seit 2010, da dieser an die steuerlichen Freibeträge gekoppelt ist. Der Mindestunterhalt stellt zugleich die Eingangsstufe = Einkommensgruppe 1 (bis 1.500,00 €) der Düsseldorfer Tabelle dar. Das OLG Düsseldorf hat entsprechend am 28.07.2015 die ab 01.08.2015 geltenden Zahlen zur gleichnamigen Düsseldorfer Tabelle bekanntgegeben. Danach gelten folgende Zahlen:

 

1. Kindergeld

Jahr 1. Kind 2. Kind 3. Kind ab 4. Kind
2010 184 EUR 184 EUR 190 EUR 215 EUR
2015 188 EUR 188 EUR 194 EUR 219 EUR
2016 190 EUR 190 EUR 196 EUR 221 EUR

 

2. Mindestunterhalt

Jahr

Einkommensgruppe nach der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen des
Barunterhaltspflichtigen)

1. Altersstufe
0-5
(Geburt bis 6.
Geburtstag)
2. Altersstufe
6-11
(6. bis 12.
Geburtstag)
3. Altersstufe
12-17
(12. bis 18.
Geburtstag)
2010 1 (bis 1.500 EUR) 317 EUR 364 EUR 426 EUR
2015 1 (bis 1.500 EUR) 328 EUR 376 EUR 440 EUR
2016 1 (bis 1.500 EUR) 335 EUR 384 EUR 450 EUR

 

3. Zahlbeträge = Mindestunterhalt nach hälftiger Kindergeldanrechnung

(entspricht der Einkommensgruppe 1 = bis 1.500 EUR nach der DT)

Gültig ab: Kind 1. Altersstufe
0-5
(Geburt bis 6.
Geburtstag)
gem. § 1612a  Abs.1
BGB = 87 % eines Zwölftels des doppelten Kinderfreibetrags
2. Altersstufe
6-11
(6. bis 12.
Geburtstag)
gem. § 1612a Abs.1
BGB = 100 % eines Zwölftels des doppelten Kinderfreibetrags
3. Altersstufe
12-17
(12. bis 18.
Geburtstag)
gem. § 1612a Abs.1
BGB = 117 % eines Zwölftels des doppelten Kinderfreibetrags
01.01.2010 1.+2. 225 EUR
(317-92)
272 EUR
(364-92)
334 EUR
(426-92)
 3. 222 EUR
(317-95)
269 EUR
(364-95)
331 EUR
(426-95)
 4. 209,50 EUR
(317-107,50)
256,50 EUR
(364-107,50)
318,50 EUR
(426-107,50)
01.08.2015 1.+2. 236 EUR
(328-92)
284 EUR
(376-92)
348 EUR
(440-92)
 3. 233 EUR
(328-95)
281 EUR
(376-95)
345 EUR
(440-95)
 4. 220,50 EUR
(328-107,50)
268,50 EUR
(376-107,50)
332,50 EUR
(440-107,50)
01.01.2016 1.+2. 240 EUR
(335-95)
289 EUR
(384-95)
355 EUR
(450-95)
 3. 237 EUR
(335-98)
286 EUR
(384-98)
352 EUR
(450-98)
 4. 224,50 EUR
(335-110,50)
273,50 EUR
(384-110,50)
339,50 EUR
(450-107,50)

Die Original Düsseldorfer Tabelle mit Stand 01.08.2015, wie sie jetzt vom namensgebenden OLG Düsseldorf veröffentlicht wurde, finden sie hier als ausdruckbare pdf-Datei zum Download:

 Düsseldorfer Tabelle Stand 01.08.2015.

 

4. Zum „Leerlauf“ der rückwirkenden Erhöhung des Midestunterhalts

Nach der gesetzlichen Regelung gilt die Erhöhung des Mindestunterhalts rückwirkend bereits ab 01.01.2015.

Man könnte daher auf den Gedanken kommen, dass sich daraus etwaig ergebende höhere Unterhaltszahlbeträge auch rückwirkend geltend gemacht werden könnten.

Dem steht jedoch § 1613 BGB entgegen, welcher eine Zahlungsverpflichtung für zurückliegenden Zeiträume zutreffend einschränkt.

In Übereinstimmung damit hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die die gleichnamige Tabelle erst mit Stand 01.08.2015 angepasst und in der Pressemitteilung 11/2015 vom 23.07.2015 dazu zutreffend folgendes klargestellt:

„Zwar wird der steuerliche Kinderfreibetrag rückwirkend zum 01. Januar 2015 erhöht, die Unterhaltssätze steigen jedoch erst ab dem 01. August 2015.“

Obwohl die Düsseldorfer Tabelle und auch eine Pressmitteilung keine Gesetzeskraft entfalten, sollte die Wirkung dieser zutreffenden Klarstellungen nicht unterschätzt werden.

Der Versuch eine Erhöhung der Unterhaltszahlbeträge allein auf Basis der Gesetzesänderung rückwirkend schon ab 01.01.2015 durchzusetzen ist danach von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Sollte ein Titel mit Bezug auf den Mindestunterhalt vorliegen gilt letztendlich dasselbe. Sollte versucht werden, daraus höheren Unterhalt für die Zeit vor dem 01.08.2015 zu vollstrecken, drohen Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche. Letztere insb. im Rahmen des dann zu erwartenden bzw. angezeigten Vollstreckungsschutzes.

 

5. Sonderregelung zur Anrechnung der Kindergelderhöhung für 2015

Damit es im Unterhaltsrecht für das Jahr 2015 nicht langweilig wird, hat sich der Gesetzgeber mit dem

Gesetz zur Nichtanrechnung rückwirkender Erhöhungen des Kindergeldes

noch etwas Besonderes einfallen lassen. Diese Sonderregelung soll einerseits Klarheit zu Anrechnungsfragen im Hinblick auf die erstmals rückwirkende Erhöhung des Kindergeldes schaffen und andererseits auch den Behörden Zeit bis zum 31.12.2015 geben, um die Kindergelderhöhung umzusetzen. So sollen insb. beim Sozialleistungsbezug Überzahlungen und Rückforderungen vermeiden werden. Dies ist sinnvoll und notwendig und kommt zudem den betroffenen Familien zu Gute.

Nach der Sonderregelung sind Anrechnungen der Kindergelderhöhung im Jahr 2015 insgesamt ausgeschlossen. Eine Anrechnung auf Sozialleistungen erfolgt danach im Jahr 2015 nicht. Dies nicht nur für die Nachzahlung ab 01.01.2015 sondern auch für laufende Kindergeldzahlungen bis einschließlich zum 31.12.2015. Diese Ausnahme gilt nach Abs. 3 des Gesetztes auch für die Kindergeldanrechnung gem. § 1612b BGB beim zivilrechtlichen Unterhalt, d.h. im Jahr 2015 wird bis einschließlich 31.12.2015 „nur“ das bisherige Kindergeld hälftig angerechnet.

Ab 2016 gilt dann sowohl bei der Anrechnung auf laufende Sozialleistungen als auch beim zivilrechtlichen Unterhalt wider der ganz normale Anrechnungsmodus.

 

Erfurt, den 10.08.2015

Frank Prescher
Rechtsanwalt
Anwaltsmediator

 

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Kindergelderhöhung 2015 und 2016

 

1. Fakten und Zahlen:

Die von der Politik vollmundig versprochene und mehr als überfällige Kindergelderhöhung ist seit dem 22.07.2015 verbindlich gesetzlich geregelt. Sie ist Bestandteil des Gesetzgebungspakets mit dem sperrigen Namen Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags“. Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wurde dieses Paket im Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2015 Teil 1, Nr. 30, Seite 1202 ff. verkündet. Die Kindergelderhöhung erfolgt aus finanzpolitischen Gründen danach in zwei Teilschritten:

 rückwirkend ab 01.01.2015 für das erste und zweite Kind mit 4,00 € und

ab 01.01.2016 dann nochmal um weitere 2,00 €.

Für das erste und zweite Kind ergibt sich in den Jahren 2015 und 2016 somit insg. eine Erhöhung um 6,00 €.

Die letzte Kindergelderhöhung hatte es 2010 gegeben.

Zusammengefasst gelten für das

 Kindergeld

danach folgende Zahlen:

Jahr

1. Kind

2. Kind

3. Kind

ab 4. Kind

2010

184 EUR

184 EUR

190 EUR

215 EUR

2015

188 EUR

188 EUR

194 EUR

219 EUR

2016

190 EUR

190 EUR

196 EUR

221 EUR

 

2. Aus- und Nachzahlung voraussichtlich ab September/Oktober 2015 :

Bedingt durch die Verkündung des Gesetzespakets kurz vor der parlamentarischen Sommerpause wird die Umsetzung der Auszahlung des erhöhten Kindergeldes noch etwas dauern. Optimisten gehen davon aus, dass das erhöhte Kindergeld frühestens ab September 2015 gezahlt wird. Realistischer erscheint eine Auszahlung insb. auch der Nachzahlungsbeträge jedoch ab
Oktober 2015.

 

3. Sonderregelung zur Anrechnung für das Jahr 2015:

Vor dem Hintergrund verschiedener Anrechnungsvorschriften wurde insb. für die rückwirkende Erhöhung des Kindergeldes eine gesetzliche Sonderregelung getroffen. Diese findet sich in dem

 Gesetz zur Nichtanrechnung rückwirkender Erhöhungen des Kindergeldes.

Nach dieser Sonderregelung sind Anrechnungen der Kindergelderhöhung im Jahr 2015 insgesamt ausgeschlossen. Eine Anrechnung auf Sozialleistungen erfolgt danach im Jahr 2015 nicht. Dies nicht nur für die Nachzahlung ab 01.01.2015 sondern auch für laufende Kindergeldzahlungen bis einschließlich zum 31.12.2015. Diese Ausnahme gilt nach Abs. 3 des Gesetztes auch für die Kindergeldanrechnung gem. § 1612b BGB beim zivilrechtlichen Unterhalt, d.h. im Jahr 2015 wird bis einschließlich 31.12.2015 „nur“ das bisherige Kindergeld hälftig angerechnet. Ab 2016 gilt dann sowohl bei der Anrechnung auf laufende Sozialleistungen als auch beim zivilrechtlichen Unterhalt wider der ganz normale Anrechnungsmodus.

 

Erfurt, den 10.08.2015

Frank Prescher
Rechtsanwalt
Anwaltsmediator

 

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Maklerrecht: Keine Aussetzung des Bestellerprinzips (§ 2 Abs. 1a WoVermG n.F.)

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Mai 2015 – 1 BvQ 9/15

Das Bundesverfassungsgericht hatte über einen Eilantrag im Wege der einstweiligen Anordnung über die Aussetzung des Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) zu befinden.

Die Antragsteller, 2 Makler die im Bereich der Wohnungsvermittlung tätig sind und ein Mieter, beantragten,

die Art. 3 Nr. 1A), D), E), Nr. 2 und Nr. 5A) AA) vorläufig, für die Dauer von längstens 6 Monaten außer Vollzug zu setzen.

Gegenstand ist die zum 1.6.2015 in Kraft tretende Regelung, wonach im Bereich der Wohnungsvermittlung das Bestellerprinzip gilt, d.h. Kosten der Wohnungsvermittlung in Form der Maklercourtage durch den Vermieter als Auftraggeber zu tragen sind.

Die Antragsteller zu 1 und 2, Makler, richten sich mit ihrem Antrag gegen die aufgrund der Regelung zu erwartenden Umsatzeinbußen und machen einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit geltend. Durch die Änderung sei es nicht mehr möglich, künftig Wohnungen im gewohnten Umfang zu vermitteln und hieraus Umsätze zu erzielen. Dies stellt nach Ansicht der Antragsteller einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar.

Der Antragsteller zu 2 machte überdies geltend, dass die Neuregelung zu Umsatzeinbußen führe, welche den Fortbestand seines Unternehmens gefährden, da in den letzten 20 Jahren durchschnittlich mindestens 95 % seiner Einnahmen aus dem Bereich der nun durch die Neuregelung betroffenen Wohnungsvermittlung stamme.

Der Antragsteller zu 3 ist Mieter und hält zurzeit eine Wohnung inne, welche seitens des Antragstellers zu 1 vermittelt worden ist, welchem der Antragsteller zu 3 auch künftig Aufträge zur Wohnungssuche erteilen möchte.

Im Ergebnis lehnte das Bundesverfassungsgericht den Eilantrag zur Aussetzung des Inkrafttretens des Mietrechtnovellierungsgesetz ab.

Zur Begründung führte das Bundesverfassungsgericht aus, dass hinsichtlich der Aussetzung eines Gesetzes strenge Maßstäbe anzulegen sind, da in die Gesetzgebung eingegriffen wird. Vor diesem Hintergrund sei der Antrag der Antragsteller zu 1 und zu 2 auf der Ebene der Interessenabwägung abzulehnen, da schon der Eingriff in den Kernbereich des Unternehmens nicht in ausreichender Weise dargetan wurde. Hinsichtlich des Antragstellers zu 3 führte das Gericht aus, dass es diesem auch in Zukunft unbenommen sei, Aufträge zu Wohnungsvermittlung zu vergeben und sich gegenüber dem jeweiligen Makler zur Zahlung der Courtage zu verpflichten.

So habe der Antragsteller zu 1 schon keine Existenzgefährdung, mithin keinen direkten Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als grundrechtlich geschützte Position dargetan, der Antragsteller zu 2 habe einen solchen Eingriff zwar behauptet, diesen aber nicht ausreichend dargelegt.

Im Rahmen der Interessenabwägung beruft sich das Bundesverfassungsgericht auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes in deren Umsetzung sich lediglich eine durchschnittliche Belastung der betroffenen Unternehmen in Höhe von ca. 8200 € darstellen ließe. Hieraus folgert das Gericht, dass es zu einer Existenzbedrohung des gesamten Berufsstandes der Wohnungsvermittler nicht kommen wird, so dass im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung dem gesetzlichen Ziel zur Entlastung von Mietern auf dem angespannten Wohnungsmarkt der Vorzug zu geben war.

Eine Aussetzung des Mietrechtsnovellierungsgesetzes kam daher nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Betracht, das Gericht weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass auch nach § 2 Abs. 1a WoVermG n.F. anderweitige Vertragsgestaltungen zulässig sind, welche für Suchaufträge im Bereich der Wohnungsvermittlung wirksam vereinbart werden können.

Fazit

Die Entscheidung mag für den zu beurteilenden Sachverhalt vor dem Hintergrund der Angaben der Beteiligten zutreffend sein.

Existenzgefährdende Umsatzeinbußen einzelner im Bereich der Wohnungsvermittlung tätiger Makler müssen demnach über entsprechende Vertragsgestaltungen mit dem Wohnungssuchenden als Auftraggeber abgefangen werden.

Bei der entsprechenden Ausgestaltung von Verträgen, bzw. allgemeinen Geschäftsbedingungen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

RA Offermanns
27.5.2015

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann hier online abgerufen werden und ist nachfolgend im Volltext angefügt.

Entscheidung im Volltext:

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

– 1 BvQ 9/15 –
In dem Verfahren
über den Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung

die Art. 3 Nr. 1 a), b), e), Nr. 2 und Nr. 5 a) aa) des Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) vom 21. April 2015 (BGBl I S. 610) vorläufig, längstens für die Dauer von sechs Monaten, außer Vollzug zu setzen,

Antragsteller:

1. B…,

2. S…,

3. G…

– Bevollmächtigter:

Rechtsanwalt Dr. Uwe Lipinski,
Bahnhofstraße 55 – 57, 69115 Heidelberg –

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

die Richter Gaier,

Schluckebier,

Paulus

gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 13. Mai 2015 einstimmig beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

G r ü n d e :
I.

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist darauf gerichtet, das zum 1. Juni 2015 vorgesehene Inkrafttreten des Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) vom 21. April 2015 (BGBl I S. 610) auszusetzen, soweit durch das Gesetz das so genannte Bestellerprinzip bei der Vermittlung von Mietverträgen über Wohnraum vorgeschrieben werden soll.

2

1. Durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz wird im Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung (WoVermG) das „Bestellerprinzip in seiner materiellen Bedeutung“ für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume eingeführt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung soll diejenige Partei, die sich eines Wohnungsvermittlers bediene und in deren wirtschaftlichem Interesse der Vermittler vorwiegend tätig werde, auch dessen Vertragspartner im rechtlichen Sinne werden und bleiben; der Veranlasser der Maklerleistung soll daher verpflichtet sein, die anfallende Maklercourtage zu begleichen (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 16). Danach kommen entgeltpflichtige Maklerverträge, die zukünftig der Textform bedürfen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WoVermG n.F.), zwischen einem Wohnungsuchenden und einem Wohnungsvermittler (Makler) nur noch dann zustande, wenn der Makler ausschließlich wegen des Vertrags mit dem Wohnungsuchenden diejenige Wohnung beschafft, über die der Mietvertrag schließlich zustande kommt (§ 2 Abs. 1a WoVermG n.F.). Hat hingegen der Vermieter dem Makler eine Wohnung zur Suche eines für ihn geeigneten Mieters an die Hand gegeben, soll der Mieter nicht zur Zahlung der Courtage verpflichtet sein. Vereinbarungen, durch die Wohnungsuchende verpflichtet werden, ein vom Vermieter oder einem Dritten geschuldetes Vermittlungsentgelt zu zahlen, sind unwirksam (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 WoVermG n.F.). Verstöße von Wohnungsvermittlern gegen das Verbot, von Wohnungsuchenden ein Entgelt zu fordern, können mit Bußgeldern bis zu 25.000 € verfolgt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 WoVermG n.F.).

3

Auch künftig könnten aber sowohl Mieter als auch Vermieter Auftraggeber des Wohnungsvermittlers sein (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 1). Die Regelung ist ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie für angespannte Wohnungsmärkte relevant. Auf ausgeglichenen Wohnungsmärkten oder auf Teilmärkten mit einem Überschuss an freien Mietwohnungen habe der Vermieter jedenfalls nicht zwingend die Marktmacht, Maklerkosten auf den Wohnungsuchenden abzuwälzen (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 16).

4

2. Die Antragsteller zu 1) und 2) sind Immobilienmakler, die sich durch die Einführung des Bestellerprinzips in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sehen. Der Antragsteller zu 3) ist ein Wohnungsmieter, der meint, in seinem Recht auf Vertragsfreiheit verletzt zu sein.

5

a) Der Antragsteller zu 1) betreibt seit dem Jahr 1994 in W. im Landkreis R. ein einzelkaufmännisches Unternehmen zur Immobilienvermittlung. Seine Geschäftstätigkeit besteht unter anderem in der Vermittlung von Miet- und Kaufverträgen. Nach eigenen Angaben führt der Antragsteller zu 1) jährlich bis zu 1.000 Grundstücks- und Wohnungsbesichtigungen in einem Gebiet zwischen dem Bodensee und der Stadt Laupheim (Landkreis Biberach) durch. Dabei sollen bislang etwa 30 % des Umsatzes auf den Bereich der Wohnraumvermietung entfallen sein. Bereits seit der Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag am 5. März 2015 und der Zustimmung durch den Bundesrat am 27. März 2015 hätten sich erhebliche Umsatzeinbußen bemerkbar gemacht. Im ersten Quartal 2013 habe der Umsatzanteil aus Mietverträgen noch 28 %, im ersten Quartal 2014 noch 18 % und im ersten Quartal 2015 nur noch knapp 6 % betragen. Der anteilige Gewinn sei entsprechend zurückgegangen. Die Gewinnentwicklung könne jedoch noch nicht genauer bestimmt werden, weil sich der Gesamtumsatz aus mehreren Bereichen zusammensetze, unter anderem auch aus der Vermittlung von Grundstücken zum Erwerb.

6

Darüber hinaus bietet der Antragsteller zu 1), angeblich als einziger Makler in der Region, in größerem Umfang „Home Staging“ an. Hierbei werden durch gezielten Einsatz von Möbeln, Farbe, Licht und Fußbodengestaltung Immobilien auf den Verkauf vorbereitet, um die Angebotszeit zu verkürzen und einen höheren Kaufpreis zu erzielen. Nach dem Vortrag des Antragstellers zu 1) hätten verschiedene Eigentümer, die ihm für diese Dienste zuvor schon mehrere Objekte an die Hand gegeben hätten, klar zum Ausdruck gebracht, dass sie nach dem 1. Juni 2015 die Zusammenarbeit einstellen oder zumindest stark einschränken würden. Er sei daher bereits gezwungen gewesen, Personal abzubauen, insbesondere die Zusammenarbeit mit anderen selbständigen Maklern zu beenden. Ihre künftige Bezahlung habe er trotz Umplanungen und Einsparung an anderer Stelle angesichts der zu erwartenden Umsatzentwicklung nicht mehr garantieren können.

7

b) Der Antragsteller zu 2) betreibt in N. (Landkreis H.) in Form einer Kommanditgesellschaft ein auf die Vermittlung von Mietwohnungen spezialisiertes Maklerbüro. Nach eigenen Angaben erzielt er seit circa 20 Jahren durchschnittlich mindestens 95 % seiner Einnahmen aus diesem Bereich. Er verfüge auch nur über eine Gewerbeerlaubnis für die Vermittlung von Mietverträgen und nicht für den Verkauf von Immobilien. Den Lebensunterhalt für sich und seine Ehefrau bestreite er derzeit vollständig aus Provisionen, die er durch die Vermittlung von Mietobjekten erziele. Die Maklertätigkeit solle auch im Alter den gemeinsamen Lebensunterhalt sichern, eine andere Vorsorge hätten sie nicht getroffen. Zu diesem Zweck habe der Antragsteller zu 2) schon seit einiger Zeit Kernbereiche des Unternehmens wie die Terminvereinbarungen und die Akquise von Wohnungen und Mietinteressenten auf externe Mitarbeiter ausgelagert, von denen einige bereits Ende des Jahres 2014 mit Blick auf die Einführung des Bestellerprinzips ihre Zusammenarbeit gekündigt hätten. Derzeit befänden sich 68 Wohnungen im Bestand des Antragstellers zu 2), die mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juni 2015 faktisch und rechtlich unvermittelbar seien, weil er weder von den Eigentümern noch von den Mietinteressenten eine Provision erhalten könne.

8

c) Der Antragsteller zu 3) ist Mieter einer Wohnung in W. (Landkreis R.), die ihm vom Antragsteller zu 1) vermittelt worden ist. Er beabsichtigt, auch künftig Wohnungen über ihn und andere Makler anzumieten und diese dafür angemessen zu bezahlen. Letzteres sei mit Inkrafttreten des Gesetzes ab dem 1. Juni 2015 jedoch nicht mehr auf legale Weise möglich.

9

3. Die Antragsteller zu 1) und 2) rügen die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Der Antragsteller zu 3) sieht sich in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Neben dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben sie mit den gleichen Rügen Verfassungsbeschwerde erhoben (1 BvR 1015/15).

10

Die Einführung des Bestellerprinzips sei schon nicht hinreichend geeignet, um das gesetzgeberische Ziel einer besseren Versorgung sozial schwacher Bürger mit angemessenem Wohnraum zu erreichen, weil der Mangel an bezahlbarem Wohnraum nichts mit dem bisherigen Geschäftsgebaren von Wohnungsmaklern zu tun habe. Darüber hinaus greife das Mietrechtsnovellierungsgesetz auch unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Antragsteller zu 1) und 2) und in ihr von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Die Unverhältnismäßigkeit der Regelung ergebe sich zum einen daraus, dass der Gesetzgeber keine Übergangsfrist vorgesehen habe, innerhalb derer sie in der Lage gewesen wären, zumindest ihren bisherigen Wohnungsbestand noch zu den gewohnten Konditionen vermarkten zu können. Zudem führe das Verbot des § 2 Abs. 1a WoVermG n.F. dazu, dass der Makler für seine Tätigkeit gar keine Vergütung mehr verlangen könne und sei daher mit untragbaren wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Die vom Gesetzgeber bezweckte Abwälzung der Kostenlast auf die Anbieterseite führe dazu, dass Eigentümer und Vermieter kaum noch Aufträge erteilen würden. Um Maklerkosten zu sparen, würden sie eher selbst nach einem Mieter suchen oder ihre Wohnungen sogar vorübergehend leer stehen lassen, weil dies immer noch günstiger sei. Dies könne sich auch negativ auf die Belange der Wohnungsuchenden auswirken, weil die für sie nützlichen Aspekte der Vermittlungstätigkeit wie die Ortskenntnis des Maklers, die Präsentation der Wohnung und eine sachkundige Beratung wegfielen.

11

Ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung müsse daher bereits deshalb entsprochen werden, weil auch bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet sei. Doch selbst wenn man davon ausgehe, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen seien, müsse die einstweilige Anordnung unter dem Gesichtspunkt einer umfassenden Folgenabwägung ergehen. Denn durch ihren Erlass würde das Inkrafttreten des Gesetzes nur über einen überschaubaren Zeitraum hinausgeschoben. Werde eine einstweilige Anordnung dagegen abgelehnt, sich die Verfassungsbeschwerde dann jedoch als erfolgreich erweisen sollte, hätten tausende Immobilienmakler bereits gravierende Umsatzeinbußen erlitten und wären zu organisatorischen Maßnahmen wie Personalabbau gezwungen, die später nur mit erheblichem Aufwand oder gar nicht wieder rückgängig zu machen seien. Namentlich dem Antragsteller zu 2) drohe die Insolvenz, wenn keine einstweilige Anordnung ergehen würde. Der Antragsteller zu 1) müsse mit weiteren Umsatz- und Gewinneinbußen rechnen, so dass ein weiterer Personalabbau äußerst wahrscheinlich sei. Aber auch für Millionen zahlungswillige und zahlungsfähige Mieter wie dem Antragsteller zu 3), die bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache keine Makleraufträge mehr erteilen könnten, träten irreversible Nachteile ein, weil die einmal begangene Verletzung ihrer Vertragsfreiheit nicht mehr rückgängig zu machen sei.
II.

12

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.

13

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

14

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG gegeben sind, ist wegen der weittragenden Folgen einer verfassungsgerichtlichen einstweiligen Anordnung regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 55, 1 <3>; 82, 310 <312>; 94, 166 <216 f.>; 104, 23 <27>; 106, 51 <58>). Dabei müssen die Gründe, welche für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, außer Betracht bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 121, 1 <15>; 122, 342 <355>; 131, 47 <55>; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 122, 342 <361>; 131, 47 <55>; stRspr).

15

1. Die Verfassungsbeschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) ist zwar mit Blick auf das Inkrafttreten der angegriffenen gesetzlichen Neuregelung zum 1. Juni 2015 weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet (a). Nach dem Ergebnis der hiernach gebotenen Folgenabwägung kann aber gleichwohl keine einstweilige Anordnung ergehen (b).

16

a) Die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere ob die Änderungen des Wohnungsvermittlungsgesetzes durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz mit dem Grundrecht der Antragsteller zu 1) und 2) aus Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang stehen, bedürfen einer näheren Prüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren. Durch die gesetzliche Neuregelung wird namentlich in den Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eingegriffen. Sie hindert Wohnungsvermittler zukünftig in einer Vielzahl von Fällen an vertraglichen Vereinbarungen, wonach eine Vergütung ihrer beruflichen Tätigkeit von Wohnungsuchenden zu leisten ist. Es wird insbesondere zu prüfen sein, ob die durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz gewählte Ausgestaltung des Bestellerprinzips mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist (vgl. insoweit auch die Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 18/3121, S. 46 f.).

17

b) Allerdings führt die danach gebotene Folgenabwägung vorliegend zur Ablehnung der Anträge. Ungeachtet der Frage nach der Schwere der nachteiligen Folgen, die für den Fall des Ergehens einer einstweiligen Anordnung für die Allgemeinheit eintreten müssten, ist den Antragstellern zu 1) und 2) jedenfalls die Darlegung eines unter den gegebenen Umständen hinreichend schwerwiegenden Nachteils weder für die Gesamtheit oder eine erhebliche Zahl der Wohnungsvermittler noch im Hinblick auf ihre eigene Situation gelungen.

18

aa) Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, ist bei der Folgenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 121, 1 <17 f.>; 122, 342 <361>; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht darf von seiner Befugnis, das Inkrafttreten eines Gesetzes zu verzögern, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, weil der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung stets einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers darstellt. Ein Gesetz darf deshalb nur dann vorläufig am Inkrafttreten gehindert werden, wenn die Nachteile, die mit seinem Inkrafttreten nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, in Ausmaß und Schwere die Nachteile deutlich überwiegen, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten. Bei dieser Folgenabwägung sind die Auswirkungen auf alle von dem Gesetz Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur Folgen, die sich für den Antragsteller ergeben (vgl. BVerfGE 106, 369 <375>; 112, 220 <221>; 112, 284 <292>; 121, 1 <17 f.>; 122, 342 <362>; 131, 47 <61>).

19

Hiernach müssen die Gründe, die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechen, im Vergleich zu den Gründen für Anordnungen, die weniger schwer in die Interessen der Allgemeinheit eingreifen, ganz besonderes Gewicht haben (vgl. BVerfGE 104, 23 <27 f.>; 117, 126 <135>). Schon wenn die jeweiligen Nachteile der abzuwägenden Folgenkonstellation einander in etwa gleichgewichtig gegenüberstehen, gebietet es die gegenüber der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers notwendige Zurückhaltung des Gerichts, das angegriffene Gesetz nicht am Inkrafttreten zu hindern, bevor geklärt ist, ob es vor der Verfassung Bestand hat (vgl. BVerfGE 104, 51 <60>; 106, 369 <376>; 108, 45 <51>).

20

Die Entscheidung, ob eine einstweilige Anordnung zu erlassen ist oder nicht, hängt unter diesen Umständen von einer Gewichtung der Folgen ab, die in dem einen oder dem anderen Fall eintreten würden. Dabei sind zum einen die Folgen zu berücksichtigen, die der Inhalt der Entscheidung für die vom Gesetzgeber verfolgten Belange des Schutzes der Wohnungsuchenden hätte. Zum anderen sind die Folgen der jeweiligen Entscheidung für die beruflichen und wirtschaftlichen Belange der Beschwerdeführer und der Wohnungsvermittler in ähnlicher Lage zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 96, 120 <129>). Entscheidend ist, ob die ihnen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile entweder zu einem endgültigen und auf Dauer nicht kompensierbaren Schaden führen oder in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Änderungen des Wohnungsvermittlungsgesetzes und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache sehr schwerwiegend sind (vgl. BVerfGE 108, 45 <50>; 131, 47 <61 ff.>). Dieser äußerst strenge Maßstab verlangt nicht nur eine besondere Schwere der im Fall des Unterbleibens einer einstweiligen Anordnung entstehenden Nachteile, sondern stellt auch sehr hohe Anforderungen an die Darlegung, dass solche Nachteile zu gewärtigen sind (vgl. zu diesem Kriterium BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Dezember 2002 – 1 BvR 2351/02 -, NVwZ 2003, S. 725 <726>).

21

bb) Daran gemessen genügen die Darlegungen der Antragsteller zu 1) und 2) nicht für die angestrebte Aussetzung des Vollzugs der gesetzlichen Vorschriften zur Einführung des Bestellerprinzips.

22

Bleibt das Gesetz in der vorliegenden Fassung in Kraft, so zwingt dies zwar die Antragsteller zu 1) und 2) wie alle Wohnungsvermittler zu erheblichen Umstellungen in ihrem Geschäftsmodell, deren wirtschaftliche Auswirkungen nach den Ausführungen des Gesetzentwurfs erheblich, im Einzelnen aber schwer abschätzbar sind. Weiterführend ist es den Antragstellern zu 1) und 2) nicht gelungen, im Hinblick auf die Gesamtheit oder doch einen signifikanten Anteil der Wohnungsvermittler oder im Hinblick auf ihre eigene Situation hinreichend schwerwiegende Nachteile darzutun.

23

(1) Die Gesetzesbegründung selbst geht von „deutlichen Umsatzrückgängen“ für Wohnungsvermittler durch die Neuregelungen im Wohnungsvermittlungsrecht aus (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 4).

24

(a) Von den gesetzlichen Änderungen sollen ausweislich des Gesetzentwurfs etwa 537.000 Vermietungsfälle jährlich betroffen sein, in denen die Wohnungsuchenden nicht mehr die Maklercourtage tragen müssen. Daraus ergäben sich für die Wohnungsuchenden mit Berücksichtigung der Umsatzsteuer Einsparungen von 573,52 Millionen Euro (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 26). Bezüglich dieser Fälle geht der Gesetzentwurf allerdings davon aus, dass die Vermieter nur in der Hälfte der Fälle die Wohnungsvermietung selbst übernehmen, während sie in den verbleibenden Fällen auch künftig Makler einschalten würden. Da ein verstärkter Preiswettbewerb zwischen den Maklern zu erwarten sei, erscheine die Annahme plausibel, dass sich die gegenüber Vermietern durchzusetzende Courtage halbiere (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 26). Aus diesen auch vom Nationalen Normenkontrollrat in seiner Stellungnahme bestätigten Zahlen ergeben sich entgangene Einnahmen der Wohnungsvermittler in Höhe von circa 310 Millionen Euro (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 39, 41).

25

(b) Auf dieser Grundlage, die von den Antragstellern zu 1) und 2) nicht mit belastbaren weiteren Angaben ergänzt worden ist, ist die für den ganzen Berufsstand der Wohnungsvermittler geltend gemachte Existenzbedrohung nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

26

Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2012 in Deutschland 37.900 Unternehmen (einschließlich inhabergeführter Unternehmen), die ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt in der Vermittlung und Verwaltung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen für Dritte haben. Diese Unternehmen setzten im Jahr 2012 rund 17,1 Milliarden Euro um. Für jedes Unternehmen wurden durchschnittlich 451.000 € erwirtschaftet (Statistisches Bundesamt, Fachserie 9 Reihe 4.3, Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich Grundstücks- und Wohnungswesen 2012, 2014, S. 3, 5). Daraus ergibt sich auf der Basis der in der Gesetzesbegründung genannten Zahlen eine durchschnittliche Belastung dieser Unternehmen in Höhe von circa 8.200 € durch das Inkrafttreten des Mietrechtsnovellierungsgesetzes. Von einer Existenzbedrohung des gesamten Berufsstandes der Wohnungsvermittler lässt sich hiernach nicht ausgehen.

27

Die Wohnungsvermittler werden dadurch, dass die bisherigen Formen der Abwälzung ihres Honorars auf die Wohnungsuchenden nicht mehr im bisherigen Umfang möglich sein werden, auch nicht zu einer grundlegenden Veränderung ihrer beruflichen Tätigkeit in dem Sinne gezwungen, dass sie die bisher ihre Lebensgrundlage bildende Tätigkeit völlig aufgeben und eine neue, auf anderen beruflichen Voraussetzungen beruhende Existenz aufbauen müssen. Sie können vielmehr im bisherigen beruflichen Tätigkeitsbereich verbleiben und sind nicht zum Erwerb grundlegend neuer Kenntnisse und Fähigkeiten gezwungen; auch das auf ihrem beruflichen Lebensweg erworbene Wissen und die spezifischen Berufserfahrungen können sie weiterhin verwerten (vgl. BVerfGE 25, 367 <370>).

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Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die meisten Makler nicht ausschließlich als Wohnungsvermittler tätig sein dürften. Vielmehr vermitteln sie in der Regel auch Mietverträge über gewerblich genutzte Immobilien sowie Kaufverträge über private und gewerbliche Immobilien. Vielfach sind sie auch in der Immobilienverwaltung und anderen immobiliennahen Dienstleistungsbereichen tätig. Diese Tätigkeitsfelder und Einnahmequellen bleiben durch die Änderungen im Wohnungsvermittlungsgesetz gänzlich unberührt. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass für die Wohnungsvermittlung neue Modelle zur Vergütung jedenfalls durch Vermieter entwickelt werden, die mit § 2 Abs. 1a WoVermG n.F. vereinbar sind und so die anzunehmenden Einnahmeausfälle zumindest teilweise kompensiert werden können.

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Soweit die Wohnungsvermittler im Bereich der Vermittlung von Wohnraum ihr Entgelt zukünftig vom Vermieter verlangen können, ergibt sich aus der ebenfalls durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz eingeführten Regelung zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten („Mietpreisbremse“) voraussichtlich keine übermäßige Zusatzbelastung. In den angespannten Wohnungsmärkten, in denen diese greifen wird, verfügen die Vermieter über die Marktmacht, die Mieten bei Neuvermietungen im Rahmen des gesetzlich Zulässigen zu erhöhen; im Übrigen enthält das Gesetz verschiedene Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Mietpreisbremse nicht greift. Es bleibt den Vermietern also unbenommen, die ihnen nunmehr entstehenden Maklerkosten bei der Festlegung der Höhe der Miete zu berücksichtigen.

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(2) Im Hinblick auf die eigene Situation der Antragsteller zu 1) und 2) ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass wirtschaftliche Nachteile, die lediglich Einzelnen durch den Vollzug eines Gesetzes entstehen, im Allgemeinen nicht geeignet sind, die Aussetzung der Anwendung von Normen zu begründen (vgl. BVerfGE 6, 1 <6>; 7, 175 <179, 182 f.>; 14, 154; BVerfGK 7, 188 <191 f.>). Das gilt hier in besonderem Maße, weil das vom Gesetzgeber gewählte legitime Ziel gerade in einer finanziellen Entlastung der Wohnungsuchenden von Maklerkosten besteht.

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Unter welchen Umständen anderes zu gelten hat, wenn die unmittelbare Gefahr besteht, dass ein Gewerbebetrieb unter Geltung und Vollzug der gesetzlichen Regelung, deren einstweilige Aussetzung beantragt ist, vollständig zum Erliegen käme und ihm dadurch ein Schaden entstünde, der im Falle der späteren Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte (vgl. BVerfGE 14, 153 f.; 40, 179 <181>; 68, 233 <236>; 131, 47 <61 ff.>; BVerfGK 7, 188 <192>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 15. September 1994 – 1 BvR 1651/94 -, NJW 1995, S. 771), kann vorliegend offen bleiben. Denn angesichts der hohen Anforderungen, die hieran jedenfalls zu stellen sind, mangelt es dem Vortrag der Antragsteller zu 1) und 2) an einer hinreichend substantiierten Darlegung sowohl eines auf die Einführung des Bestellerprinzips zurückzuführenden schweren Nachteils als auch des von § 32 Abs. 1 BVerfGG zur Abwehr eines solchen geforderten dringenden Gebotenseins des Erlasses einer einstweiligen Anordnung. Insoweit bedarf es in tatsächlicher Hinsicht zumindest im Sinne einer Plausibilitätskontrolle nachprüfbarer individualisierter und konkreter Darlegungen (vgl. BVerfGE 106, 351 <357>; BVerfGK 7, 188 <192>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1999 – 2 BvR 1646/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 16).

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So hat der Antragsteller zu 1) zwar durch die Vorlage der Erklärung seines Steuerberaters konkret dargelegt, wie groß der auf die Wohnraumvermietung entfallende Umsatzanteil ist. Sein Vortrag verhält sich aber nicht dazu, ob ein nennenswerter Anteil dieser Einnahmen aus von Mietern gezahlten Provisionen stammt. Jedenfalls aber behauptet er angesichts seiner weiteren Einnahmequellen nicht einmal, dass die Einführung des Bestellerprinzips den Fortbestand seines Unternehmens gefährden könnte. Auch als eine entsprechende Neuregelung noch nicht absehbar war, erzielte er bereits über 70 % seiner Umsätze aus der Vermittlung von Grundstücken und Eigentumswohnungen und dem so genannten Home Staging.

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Demgegenüber macht der Antragsteller zu 2) zwar geltend, dass ihm die Insolvenz drohe, falls das Mietrechtsnovellierungsgesetz in Kraft trete, allerdings ohne dies durch konkrete Zahlen belegen zu können. Er legt weder seine Umsätze noch Gewinne näher dar und nimmt auch keine Stellung dazu, ob er seine Provisionen bislang ausschließlich von Mietern oder auch von Anbieterseite erhalten hat.

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2. Die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers zu 3) ist dagegen bereits offensichtlich unzulässig, so dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG bereits aus diesem Grund abzulehnen ist, ohne dass es einer Folgenabwägung bedarf.

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Ungeachtet der Frage, dass bereits eine Beschwer des Antragstellers zu 3) als eines potentiellen Wohnungsuchenden und damit als eines Begünstigten der gesetzlichen Neuregelung zweifelhaft erscheint, ist jedenfalls dem Begründungserfordernis (§§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG) nicht genügt. Eine ausreichende Begründung setzt voraus, dass die Möglichkeit der Verletzung des Beschwerdeführers in einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht mit hinreichender Deutlichkeit aufgezeigt wird (vgl. BVerfGE 108, 370 <386 f.> m.w.N.; stRspr). Dies ist dem Antragsteller weder im vorliegenden Verfahren noch mit der Begründung der gleichzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde gelungen. Insbesondere ist nicht zu ersehen, dass der Antragsteller zu 3) in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Vertragsfreiheit verletzt sein könnte. Es bleibt ihm weiterhin unbenommen, über den Nachweis oder die Vermittlung von Wohnraum wirksame Maklerverträge zu schließen und sich zur Zahlung der Courtage zu verpflichten. Nicht jedes Entgeltversprechen eines Wohnungsuchenden unterfällt dem Verbot des § 2 Abs. 1a WoVermG n.F., vielmehr ist durch dessen zweiten Halbsatz ausdrücklich der Fall ausgenommen, dass der Wohnungsuchende dem Makler einen Suchauftrag erteilt und dieser daraufhin ausschließlich in seinem Interesse und nicht für den Vermieter tätig geworden ist (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 26).

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gaier Schluckebier Paulus

(Quelle: Bundesverfassungsgericht)